Altes Haus
Kneipe & Biergarten
88400 Biberach / Riss

 









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Im "Alten Haus" beim Friedel - Wo der Wirt nie die Bodenhaftung verlor

(Achim Zepp und Volker Strohmaier: Wirtsleute im Landkreis Biberach)

Vom ersten Tag an ist das "Alte Haus" gestopft voll mit jungen Leuten. Es läuft Musik. Das ist, abgesehen vom "Take Five", einer Diskothek, einmalig im Biberach der siebziger Jahre. Es gibt noch kein "Vienna" kein "Casa" und kein "Zweigart" und noch lange kein "Tweety" oder "Woodpecker".
Vor vier Uhr morgens kommt Friedl Schirmer so gut wie nie ins Bett. Bevor er sich in Ermangelung eigener vier Wände in der Wohnung von Freunden aufs Ohr legt - Platz findet unter zwei Zeichentischen -, putzt er jede Nacht die Wirtschaft aus. 1981 kauft Friedl Schirmer das Gebäude, nachdem die Besitzerin verstorben war, erweitert die Gaststube und legt einen Biergarten an. Bald wird Live-Musik zu einem Markenzeichen der Kneipe. Schirmer veranstaltet ein Dutzend Konzerte im Jahr, das Haus ist jedesmal voll. "Supercharge", die Kultband aus London mit ihrem vollbärtigen Starbläser Albie Donnelly gastiert allein siebenmal. Das "Alte Haus" ist längst "in"-Kneipe. Es wird neben dem "Scharfen Eck" und dem "Rebstock" zu dem Treff während des Biberacher Schützenfestes. Die Kneipe ist an "Schützen" ab zwei Uhr nachts zum Bersten voll; Tische mutieren zu Tanzflächen; das Klima im Raum ist tropisch.

2002 wurde 25. Jubiläum gefeiert.

Geschichte des "Alten" von Friedel:

 

Früher, da habe es im "Alten Haus" noch mehr Konzerte gegeben sagt Friedel Schirmer, einer der Wirte des "Alten Haus".. Zwölf im letzten Quartal des Jahres. Jetzt aber stehe nur noch ein Event in diesem Jahr an: die "Weiße Nacht" im November. Aber was soll man machen? Zwischen Ulm und Bodensee gebe es jedes Wochenende 120 Musik- oder Kabarettveranstaltungen. Nein, Musikveranstaltungen rechneten sich nicht mehr. "Warum machen Sie die überhaupt?" hatte ihn ein Steuerprüfer einst gefragt. Und dann konnte er Tausende von Mark nachzahlen, weil die Bands sich nicht ordentlich angemeldet hatten.

Früher, in den späten 80ern, da spielte noch Supercharge hier. Zwei Nächte hintereinander. Aber Gagen für zehn Musiker mit Helfern, die dann alle noch etwas essen wollten, das sei viel Geld. Und auf Luftmatratzen schliefen die auch nicht mehr. Da kommen die Hotelkosten noch dazu. Früher seien auch die Kneipen noch voller gewesen.

Neulich, bei einem Kneipenbummel durch Ulm, wo Friedel geboren ist, hätten sie viele fast leere Kneipen gesehen. Eine Ursache natürlich, dass einige Wirte die Euroumstellung zu saftigen Preisaufschlägen genützt hätten. Eine Pizza, die früher für 14 Mark zu haben war, gab es jetzt für 10 Euro. Und in Ulm koste das Weizenbier teilweise schon 3 Euro. Früher habe er auch noch 1000 Hekto Bier im Jahr verkauft und es gab 4cl Apfelkorn für 1 Mark. Ein sehr beliebtes Getränk damals, davon zeugt noch der große Asbach-Flaschenhalter an einer der Thekensäulen. Darin befand sich früher der Apfelkorn.

Das "Alte Haus" ist eine der großen Traditionskneipen in Biberach, mit einem sehr gemischten Publikum. Daß jetzt mehr Ältere kommen, liegt an der Küche, die lockt sie her. Samstags und sonntags steht Friedel selbst noch hinter der Theke. Er und sein Partner seien aber immer irgendwie da. Und Friedel wohnt ja auch in dem Haus.

Friedel (Jahrgang 1947) hat die Kneipe damals nur mit einem Trick bekommen. Die Verpächterin wollte unbedingt ein Ehepaar ("Wenn eine Frau dabei ist, ist es auch sauber.") und Friedel war nicht verheiratet. Also warf er sich in einen Anzug, überredete eine Freundin als Ehefrau-Darstellerin mitzukommen, fuhr in seinem Käfer nach Biberach und stach die drei anderen Ehepaare, die sich beworben hatten, aus. Biberach kann ihm für diese Notlüge dankbar sein.